Parshva kakasana, pārśva kākāsana – seitliche Krähe
Damit du den Ausdruck jeder einzelnen Stellung mit einigen Gedanken auf dich wirken lassen kannst, findest du hier in der Rubrik Asana-Zitate jedes Foto einzeln aufgeführt, zusammen mit einem kurzen Text. Die Texte widmen sich verschiedenen Aspekten zum tieferen Sinn des Yoga-Übens. Wer sich für das Erlernen dieser schönen Positionen interessiert, sollte sich an einen kompetenten Yogalehrer wenden, um Fehler in der Praxis zu vermeiden!
pārśva kākāsana
Seitliche Krähe mit „bewusster Erfahrung des Verhältnisses von oberer und unterer Körperhälfte“¹
Heinz Grill über die Möglichkeit, „den āsana einen gelösteren Charakter zu verleihen“
Nicht nur bei dieser Yogaposition, sondern bei vielen anderen durchaus schwierigen bis sehr schwierigen Positionen besticht Heinz Grill durch eine besondere Leichtigkeit in der Ausführung. Im folgenden Textzitat schildert er, wie diese Art Leichtigkeit und Gelöstheit das Resultat eines bildhaften (imaginativen)² Erlebens während der Ausführung ist:
Die obere Körperhälfte bis hin zum Herzen trägt drei feinstoffliche Energiezentren, und die untere Körperhälfte, vom Herzen abwärts zum Steißbein, trägt ebenfalls drei weitere Zentren. Das Herz bildet die vereinende Mitte zwischen der äußerst feinen und unbewussten Substanzwelt der unteren Zentren und der in der Art und Weise ihrer Beschaffenheit unmanifestierten Geistigkeit der oberen. Dieses Verhältnis von unten und oben kann als eine imaginative Erfahrung im Bewusstsein realisiert werden und den āsana damit einen gelösteren Charakter verleihen. Die Variationen der Krähe, die seitliche und die mit gespreizten Beinen, führen innerhalb der Übungsreihe diese Erfahrung sehr Nahe in das Licht der Beobachtung. Darin liegt eine der Bedeutungen von diesen vielleicht etwas akrobatisch anmutenden āsana– Übungen.¹
Textquellen und Anmerkungen:
pārśva = Flanken-
kāka = die Krähe
āsana = das Sitzen
(1) Heinz Grill, Die Vergeistigung des Leibes, Lammers-Koll-Verlag 2004, S.94
(2) „Imaginatives Erleben“ ist ein Begriff aus der Anthroposophie. Rudolf Steiner erklärt es als „leibfreies Bewusstsein“:
„Kein Mensch weiß, wie seine Bewegungen, wie alles, was da wirkt, daß er ein handelnder Mensch sein kann in der physischen Außenwelt, wie das zustande kommt und welche Kraft da wirkt. Das merkt erst der Geistesforscher, wenn er zur sogenannten imaginativen Erkenntnis kommt. Da macht man sich zunächst Bilder, die dadurch wirken, daß sie stärkere Kräfte aus der Seele heraus schöpfen, als sie sonst im gewöhnlichen Leben angewendet werden. Woher kommt denn diese Kraft, die die Bilder des imaginativen Erlebens in der Seele entfesselt? Sie kommt dorther, wo die Kräfte wirken, die uns zu einem handelnden Menschen in der Welt machen, die uns unsere Hände und Füße bewegen lassen. Weil das der Fall ist, kommt man nur zur Imagination, wenn man in Ruhe verbleiben kann, wenn man den Willen seines Leibes zum Stillstand bringen kann, ihn beherrschen kann. Dann merkt man, wie diese Kraft, die sonst die Muskeln bewegt, heraufströmt in das Seelisch-Geistige und die imaginativen Bilder erbildet. Man vollbringt also eine Umlagerung der Kräfte. Da unten in den Tiefen des Leiblichen ist also etwas von unserem ureigensten Wesen, von dem wir im gewöhnlichen Leben nichts spüren. Dadurch, daß wir das Körperliche ausschalten, dringt der Geist, der sonst in unseren Handlungen zum Ausdruck kommt, herauf in die Seele und erfüllt diese mit dem, was sie sonst für das Körperliche verwenden muß. Der Geistesforscher weiß, daß er dasjenige dem Leibe entrücken muß, was sonst der Leib konsumiert. Für die imaginative Erkenntnis muß also das Leibliche ausgeschaltet werden.“ GA 150, S.92f