Padangushthasana, padāṅguṣṭhāsana – einbeinige Zehenspitzenstellung
Damit du den Ausdruck jeder einzelnen Stellung mit einigen Gedanken auf dich wirken lassen kannst, findest du hier in der Rubrik Asana-Zitate jedes Foto einzeln aufgeführt, zusammen mit einem kurzen Text. Die Texte widmen sich verschiedenen Aspekten zum tieferen Sinn des Yoga-Übens. Wer sich für das Erlernen dieser schönen Positionen interessiert, sollte sich an einen kompetenten Yogalehrer wenden, um Fehler in der Praxis zu vermeiden!
eka pada padāṅguṣṭhāsana
Einbeinige Zehenspitzenstellung, offen und harmonisch im Gleichgewicht
Wussten Sie dass sich das europäische Zentrum von „Yoga im täglichen Leben“ in Wien befindet? Der Yogi Paramhans Swami Maheshwaranandaji, aus dessen Buch das obige Foto entnommen ist, ist ansonsten mehr im östlichen Teil Europas und in Indien selbst bekannt geworden. In seinen Büchern, Ansprachen und Events zum klassischen Hathayogapfad drückt sich interessanterweise sehr einfach, aber nachhaltig die christliche Botschaft von der Nächstenliebe aus: „Teile das, was du erhalten hast, mit anderen und du wirst Freiheit erlangen!“¹
Im folgenden ein Zitat aus dem Buch Yoga im täglichen Leben:²
Das kosmische Selbst wird im Sanskrit ĀTMA genannt. Im Unterschied zur individuellen Seele ist der Ātma universell. Er ist das „Licht des Lebens“ in allen Wesen.
Die Beziehung zwischen Ātma, Individuum, Geist und Bewusstsein kann durch den Vergleich mit einer Lampe anschaulich gemacht werden:
Der Ātma ist das Licht, die Glühbirne ist das Individuum, und die Lichtstrahlen, die von der Lampe ausgehen, nennen wir Geist. Im Englischen kann man Geist mit „spirit of the soul“ übersetzen, und in dieser Bezeichnung wird klar, dass der Geist vom Ātma ausgeht. Dieser Geist oder Spirit besitzt Eigenschaften wie klar oder unklar, stark oder schwach, verwirrt, lebendig, schöpferisch, träge, usw. Der Ātma aber ist ohne Attribute, vergleichbar dem wolkenlosen Himmel, dem Wasser ohne Wellen, der weißen Leinwand. Die Wolken am Firmament, die Wellen im See, der Film, der auf die Leinwand projiziert wird, entsprechen den Regungen des Geistes. Unser Bewusstsein identifiziert sich meist mit diesem und nimmt den „Hintergrund“, den Ātma, gar nicht wahr.
Das Bewusstsein können wir in dem Symbolbild von der Lampe mit dem Lampenschirm vergleichen. Wieviel Licht eine Lampe ausstrahlt, hängt einerseits davon ab, wieviel Energie oder Licht die Glühbirne aufzunehmen imstande ist, andererseits von welcher Beschaffenheit der Lampenschirm ist. Je nachdem, ob dieser rein und klar und daher lichtdurchlässig ist oder aber staubig, verschmutzt und trübe, kann mehr oder weniger Licht nach außen dringen.
Geist und Bewusstsein sind also nicht das Selbst, sondern die Ausstrahlung des Selbst, das, was davon manifestiert oder verwirklicht wurde. Das Licht des Ātma ist immer unverändert, strahlend und rein. Von der Qualität unseres Bewusstseins, die von unseren Gedanken, Gefühlen, Eigenschaften und Taten geprägt wird, hängt es nun ab, inwieweit dieses Licht nach außen wirken kann. Negative Eigenschaften und Unwissenheit verdunkeln unser Phänomen; Wissen, Weisheit, Liebe – gute Eigenschaften also – erhellen es. Je höher unser Bewusstsein entwickelt ist, je klarer, reiner und durchlässiger es ist, desto heller strahlt das Licht durch. Ist das Bewusstsein ganz rein und fleckenlos, sodass das Licht des Ātma in seiner ganzen Schönheit und Pracht ausstrahlen kann, so sprechen wir von Erleuchtung oder Verwirklichung. Wenn eine Person heilig ist, das heißt wenn sie völlig rein und klar und zu einem wahren Kanal Gottes geworden ist, so verbreitet sie Licht, Liebe, Güte, Weisheit und Klarheit. (Darauf weist zum Beispiel der Heiligenschein auf den Heiligendarstellungen hin.) Wenn aber viele Schichten des Karma und der Unwissenheit den Ātma verhüllen, kann das göttliche Licht nicht durchkommen.
Textquelle und Anmerkungen:
eka = eins
pada = Fuß
padāṅguṣṭha = großer Zeh
āsana = das Sitzen
(1) siehe z.B. die Ansprache vom 16.06.2020 im Swamiji TV Europe auf youtube.
(2) Paramhans Swami Maheshwarananda, Yoga im täglichen Leben, Das System, Ibera Verlag Wien, 2000, ISBN 3850520099, S. 415
Bildquellennachweis (20-06-16): Lampenschirm-Bild von FreePhotos auf pixabay, eka pada padāṅguṣṭhāsana-Yoga im täglichen Leben, S.189