Utthita mayūrāsana – der aufgestellte Pfau
Damit du den Ausdruck jeder einzelnen Stellung mit einigen Gedanken auf dich wirken lassen kannst, findest du hier in der Rubrik Asana-Zitate jedes Foto einzeln aufgeführt, zusammen mit einem kurzen Text. Die Texte widmen sich verschiedenen Aspekten zum tieferen Sinn des Yoga-Übens. Wer sich für das Erlernen dieser schönen Positionen interessiert, sollte sich an einen kompetenten Yogalehrer wenden, um Fehler in der Praxis zu vermeiden!
utthita mayūrāsana
Diese aufgestellte und sehr ästhetische Pfauenvariation ist weniger bekannt als die klassische mayūrāsana oder der sehr ähnlich aussehende Skorpion.
Die Position wird vor allem von denjenigen Yogastilen aufgegriffen, die sich an Swami Sivananda orientieren. Der Yoga-Experte Heinz Grill ordnet die Pfauenposition in seinem Buch „Die Seelendimension des Yoga“ dem mūlādhāra-cakra, also dem 1. Energiezentrum an der Basis der Wirbelsäule zu.¹ In diesem Sinne ist utthita mayūrāsana ein Ausdruck der seelischen Kapazität einer unmittelbaren Tatkraft aus entschiedener Entschlossenheit. Swami Sivananda selbst scheint nun mit seinem ganzen Leben ein Beispiel dieses unmittelbaren und entschlossenen Handelns zu sein. Sehr streng klingen etwa seine Worte über das spirituelle Sadhana an das Ohr des modernen Yoga-Übenden.²
Swami Sivananda über die Selbstbeherrschung:
Was sind diese weitgefassten Grundlagen? Wahrhaftigkeit, Mitgefühl, Reinheit – sie müssen bis hinunter in die kleinsten Einzelheiten das ganze Leben abdecken. Das ganze Leben muss, zumindest im Anfang, von Beherrschtheit gekennzeichnet sein. Halte die Zunge im Zaum. Glaube nicht, du könntest essen und sagen, was du willst, und dann gut meditieren. Wenn du das glaubst, täuschst du dich selbst. Yoga ist kein Spielzeug, das man einfach nehmen und damit spielen kann. Esist ewie eine eiserne Festung, in der sich gut gerüstete Soldaten befinden.
Jede Handlung darf erst nach der erforderlichen Prüfung getan werden. Die Qualität der Speisen, die Menge und die Zeit, wann man isst, all das ist wichtig. Wenn das essen ein wenig unmäßig ist, oder wenn die Zeit zum Essen nicht die richtige ist, kann das eine Wirkung auf das System haben und die Meditation beeinträchtigen. Dasselbe gilt für die Gedanken, die man hegt, und die Handlungen, mit denen man sich beschäftigt. Der ganze Körper und der ganze Geist müssen unter Kontrolle gehalten werden. Führe ein Leben der Mäßigung.
Wenn ich das Lied singe: „Iss ein wenig, trink ein wenig“, muss es richtig verstanden werden. Dieses Lied hat zwei Teile. „Iss ein wenig, trink ein wenig, sprich ein wenig, schlaf ein wenig.“ Wenn ich diese Dinge sage, meine ich Mäßigung. Diesen Dingen darf nicht nachgegeben werden. Das instinktive Leben mit Essen, Trinken und Reden muss auf die Minimalbedürfnisse reduziert werden. Der andere Teil des Liedes, wo es heißt: „Mache ein wenig Japa, mache ein wenig Asana, mache ein wenig Kirtan.“, zeigt auch, dass jeder dieser Punkte von grundlegender Bedeutung ist, dass all diese Punkte im täglichen Programm Platz finden müssen.
Textquellen und Anmerkungen:
utthita = nach oben gerichtet
mayūra = der Pfau
āsana = das Sitzen
mūla = die Wurzel
ādhāra = die Basis
cakra = das Rad
japa = das Murmeln (von Gebeten oder heiligen Worten)
kīrtana = das Lobpreisen, das wiederholte Aussprechen (z.B. von heiligen Namen)³
(1) Heinz Grill, Die Seelendimension des Yoga, Verlag für Schöne Künste 2019, S. 284ff
(2) Swami Sivananda, Sadhana – Ein Lehrbuch mit Technike zur spirituellen Vollkommenheit, Mangalam Verlag 1998, S. 319
(3) Monier-Williams, Sanskrit-English Dictionary, 1899
Bildnachweis (20-02-09):
Pfauenrelief-Bild von Manfred Antranias Zimmer auf pixabay, mayūrāsana-Sivananda Yoga Zentrum, Yoga, Gräfe und Unzer Verlag 1997, S. 143